Di 11.03.2014

Ich habe mir wieder viel Zeit zum Ent-fellen und Satteln genommen und so langsam scheint Rhem es sogar zu mögen. Zum Warm-up am Boden sind wir dann mal in Bereiche gelaufe, wo wir noch nicht waren, und auch am offenen Anhänger vorbei gekommen. Viel schnauben und skeptischer Blick – also haben wir damit gespielt, bis er ruhig auf der Rampe stehen konnte und hineinsehen. Weiter zum Roundpen, um liberty zu spielen. Er ist mir sofort gefolgt, gutes Stick to me im Schritt, Trab und Rückwärts (yey). Um wenigstens am Boden mit Biegung zu spielen, haben wir ein paar Spins geübt, die recht gut gingen. Dann bin ich zu Achten über gegangen. Rechts nach links ging sofort, links nach rechts gar nicht. Was cool war, er wurde immer verspielter und hat jedesmal gequickt, wenn er in die falsche Richtung gewendet hat und ist los gebockt. DANN hat er es geschafft, ich habe sofort „good boy“ gerufen und er war krass stolz auf sich und kam direkt zu mir. Nach dem Lecken und Kauen ist er dann noch ein paar Mal immer wieder los geschossen, (ohne dass ich gefragt habe, ich habe aber so getan als ob ich ihn sowieso gerade schicken wollte) und wir haben sogar fliegende Galoppwechsel hinbekommen, die ihm augenscheinlich ne Menge Spaß bereitet haben. Besser geht’s ja wohl nicht, also haben wir das Roundpen verlassen und sind zum grasen übergegangen. Dann kamen die anderen und Linda sagte „your horse looks warmed up“ – weil er dampfend in der aufgehenden Sonne stand.

Mein Ziel fürs Reiten: continue yesterdays session, take the time it takes to make good progress. If that goes fast, try it at a trot also. Kaum bin ich in die Arena geritten und habe nach den Zügeln gegriffen, waren wir auch schon auf der Flucht wieder raus da. OK, das ist deutlich – die Geister der Vergangenheit! Heute muss Rhem das Ziel verstehen. Während er sonst immer total bemüht ist alles richtig zu machen, gehen bei GoC krass die Jalousien runter und man bekommt nur noch das große Dagegen-Schild gezeigt. Definitiv Kategorie 1 und sofort „emotional full body sweat“! Linda hat mich dann eine ganze Weile gecoached, was für mich sehr hilfreich war um selbst ein genaues Bild von dem zu haben, was ich erwarten kann und muss. Von astreinem Pass, rückwärts Spins, hochhopsen und Zügel aus der Hand roppen war alles dabei, ohne dass er ein einziges Mal „Kat. 2 - yield from pressure“ wenigstens versucht hat. Wir sind dabei geblieben und haben so lange die Abfolge gesteigert und die Pausen verringert bis er finally, versucht hat, über eine Antwort nachzudenken. Dann ganz viel abschnauen und schütteln und auf wundersame Weise war auch vorwärts auf einmal wieder im Programm. Ich habe hier eine längere Pause gemacht. Um sicher zu gehen, dass Rhem das Ziel wirklich verstanden hat, habe ich nochmal begonnen. Oh ha! Na jut, jetzt wußte ich ja was zu tun ist und habe den zweiten Durchbruch deutlich schneller erreicht – wieder Pause. Wiede beginnen, wieder: gehe zurück auf Los! Das haben wir so lange gemacht, bis auch nach der Pause Antworten statt Reaktion kam, da war es allerdings schon fast Mittag! Ich habe Rhem geduscht und er durfte an der Hand grasen bis alle fertig waren, dann ist er mit Tof auf die Koppel.

Ich habe den Stall gemacht und das Futter vorbereitet und da wir heute länger Pause hatten, heim gefahren um zu waschen. Um 5h war Linda mit Ulivi verabredet. Ich war etwas früher da und habe Lynse noch beim Spiel mit einer der jungen Stuten zugesehen. Lindas Warm-up mit Ulivi ging schnell und unkompliziert. Sie hat dann vom Pferd aus alle verfügbaren Tore geöffnet und geschlossen, „it’s not about the gate“ – wie wahr. Dann haben wir die Straßenseite gewechselt, Lynse hat die andere junge Stute (LBI) mitgenommen. Sie war zum ersten Mal außer Rufweite von der anderen Stute weg und auf einer komplett neuen Anlage, es hat sie NULL gejuckt – im Gegenteil, sie hat sehr interessiert umher geschaut.

Mit Ulivi lief es anfangs sehr gut, er hat den Playground erkundet, Tore geöffnet und geschlossen und war mit den Vorderfüßen auf der Brücke. Dann allerdings hat er beim Schließen eines Tores auf einmal einen demaßenen Anfall bekommen, dass sogar Linda abgestiegen ist und erst mal am Boden weiter gespielt hat. Long story short: wir waren um 8:30h wieder zurück im Stall und ich ziehe noch einmal mehr meinen Hut vor Linda. Obwohl sie mehrfach absteigen musste, ist sie immer wieder aufgestiegen und sogar Lynse hat gefragt „are you sure you want to climb on that thing again?“. Krasse Geduld, und jedes Mal, wenn Ulivi ein neues Tantrum hatte, hat er einfach ein paar weitere Minuten zu seiner Session dazu gebucht und so lange nicht locker gelassen, bis er gemacht hat, was die Anfrage war. Ich denke, sie wäre notfalls auch noch zwei Tage weiter geritten. Es war dunkel, als wir wieder auf der anderen Seite ankamen, Rhem und Tof haben mit den Vorderhufen auf ihre Armbanduhr getippt und gesagt, sie wollen jetzt SOFORT rein :-).

Dann möchte ich noch eine Leser-Frage beantworten – vielen Dank dafür: „Na'vi... Ich meinte gelesen zu haben, dass sie LBI ist? Aber warum explodiert das Ding dann so? Man lernt doch eigentlich dass das sichere Anfänger- und Therapiepferde sind.“ Korrekt, Na’vi ist von ihrer Persönlichkeit ein reinrassiges LBI, allerdings mit einem extrem hohen Spirit Level. D.h. wenn man auf das Koordinatenkreuz schaut ist sie links unten ganz weit draußen, d.h. von der Mitte entfernt. Dieser Spirit Level bringt sowohl das Gute als auch das Schlechte im Extrem hervor. Linda sagt: würde Sie ein T-Shirt tragen stünde vorne drauf „What’s in it for me?“ und hinten „You are not the Boss of me“. Das heißt, sie ist IMMER total auf der linken Gehirnhälfte und lernt extra schnell (++)! Wenn man eine Win-Win Situation herbeiführen kann, ist dieses Pferd dabei (+). Allerdings auch alle Dinge, die sie nicht lernen sollte (-) und sie verwendet dieses gelernte gegen einen (-). Und dann paßt ihr mal irgendwas nicht und kommt das Tantrum (--) = Trotzanfall, dann wirft sie sich „wie ein trotziges Kind auf den Boden, trommelt mit den Fäusten und schreit herum“ – und je mehr man sie ruhig stellen möchte und je mehr Aufmerksamkeit das erzeugt, desto doller wird es. Das „Explodieren“ ist in diesem Fall nicht rechtsgehirnhälftig sondern links (und kommt auch bei LBE (Ulivi) vor). Z.B. liegt grundsätzlich „sich viel schnell bewegen“ nicht in ihrem Interessenbereich – ABER wenn man Reiter damit beeindrucken kann, kann man es auch tun, aber wenn es nicht wirkt genauso schnell ins Gegenteil verfallen. Für den LBI ist Motivation alles. Mit milderen Spirit-Level mögen sie es hauptsächlich abwechselungsreich (Ausritte, Trail, Gelassenheitsprüfung, Therapie) und für die etwas höheren Spirits es kann gern ein Spurt dabei sein, besonders auch, wenn man etwas „jagen“ kann, aber das Ende muss absehbar sein (cutting, barrel-race). Beantwortet das die Frage?